Shit happens.
Wenn man im IT-Bereich arbeitet, sollte man als Arbeitnehmer natürlich dafür sorgen, dass Schäden so weit wie irgend möglich vermieden werden – dem eigenen Unternehmen zuliebe, der Kunden wegen, und ganz besonders im eigenen Interesse. Aber was passiert, wenn jemand dann doch „Mist gebaut” hat?
Viele IT-ler – vom Support-Mitarbeiter bis hin zum Vorstand oder Geschäftsführer – wissen nicht wirklich über die persönlichen Haftungsrisiken Bescheid, die der Beruf jeden Tag mit sich bringt.
Der Arbeitnehmer haftet gegenüber seinem Arbeitgeber.
Das gilt um so umfassender, je höher er in der Hierarchie steht. Wie für jeden Arbeitnehmer gelten für den IT-Leiter, den Sicherheitsbeauftragten oder Administratoren so genannte „arbeitsvertragliche Nebenpflichten” in Form von Schutz-, Mitwirkungs-, Geheimhaltungs- oder Aufklärungspflichten. Dabei wird juristisch ein „fiktiver“ Maßstab angelegt – als Vergleich dient ein „typischer” Mitarbeiter mit durchschnittlichen Fähigkeiten in einer vergleichbaren Position. Mit anderen Worten: An den leitenden Mitarbeiter werden höhere Anforderungen gestellt als an den gewöhnlichen Mitarbeiter.
Wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt und beim Arbeitgeber deshalb ein Schaden eintritt, dann haftet der Mitarbeiter. Im Gesetz (§ 619a BGB) ist für solche Fälle allerdings eine Umkehr der Beweislast verankert: Der Arbeitgeber muss das Verschulden des Arbeitnehmers beweisen.
Die Haftung gegenüber dem Arbeitgeber richtet sich nach dem Grad der Fahrlässigkeit.
Die juristischen Kriterien für die Haftung von Arbeitnehmern im Rahmen des sogenannten innerbetrieblichen Schadensausgleichs wurden von der Rechtsprechung ursprünglich für „gefahrgeneigte Arbeit“ entwickelt. Die neuere Rechtsprechung hat sie aber längst auf jede Tätigkeit ausgeweitet, einschließlich von IT-Berufen. Sie bestimmen, dass der Arbeitnehmer nur beschränkt für Schäden haftet, die er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit fahrlässig verursacht hat, und zwar abhängig vom Ausmaß der Fahrlässigkeit. (Der Begriff der „Gefahrgeneigtheit“ geistert trotzdem noch immer durch das Vokabular im Arbeitsrecht, er wird im eigentlichen Sinn jedoch heute nur noch dafür benutzt, um in bestimmten Fällen den Schaden zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufzuteilen.)
Juristen unterscheiden zwischen leichter, mittlerer und grober Fahrlässigkeit sowie Vorsatz.
- Bei leichter Fahrlässigkeit (Kategorie: „Passiert jedem mal”, etwa ein zu Boden gefallenes und deshalb kaputtes iPad) haftet der Arbeitnehmer nicht gegenüber seinem Arbeitgeber.
- Bei mittlerer Fahrlässigkeit wird es komplizierter. Die liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer seine Sorgfaltspflicht missachtet hat. Ein Beispiel könnte sein, dass ein Gerät mit dem falschen Netzteil verbunden und durch Überspannung beschädigt wurde. In diesem Fall wird der Schaden zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgeteilt, wobei je nach den Gegebenheiten im konkreten Fall eine Quote (z. B. 40/60 oder 50/50) festgelegt wird. Die Kriterien dafür sind u. a. das Ausmaß des Fehlverhaltens (Wie blöd muss man sich anstellen, damit so etwas passiert?), die Gefahrgeneigtheit der konkreten Arbeit (Wie leicht kann dabei etwas schief gehen?) und die Person des Arbeitnehmers (Wie viel Erfahrung hat er, ist ihm so etwas schon öfter passiert?). Aber auch die Frage nach dem Mitverschulden des Arbeitgebers ist wichtig (Wurde dafür gesorgt, das konkrete Risiko wenn möglich zu verringern, z. B. durch Informationen? Hätte der Arbeitgeber die Möglichkeit gehabt, diese Art Schaden zu versichern, aber darauf verzichtet?) All das fließt in die Beurteilung ein und ergibt dann die Quote der Schuldzuteilung, die im Streitfall vom Gericht festgelegt wird.
- Einfacher ist der Fall wieder bei grober Fahrlässigkeit („Darf nicht passieren”) oder gar bei Vorsatz. Wer betrunken die Datenbank verwalten will und dabei zerschießt, oder gar bewusst Passwörter an Dritte verrät, der haftet seinem Arbeitgeber in der Regel voll für den Schaden, den dieser dadurch erleidet. Vorsatz ist allerdings nur dann gegeben, wenn Sie als Arbeitgeber beweisen können, dass der Arbeitnehmer den Schaden bewusst herbeiführen wollte. Und auch hier kann die Haftungspflicht des Angestellten dadurch geringer werden, wenn der Arbeitgeber zur Schadenhöhe beitragen hat – weil er zum Beispiel mögliche und zumutbare Versicherungen nicht abgeschlossen hat.
Gegenüber Kunden, Kollegen und unbeteiligten Dritten haftet der Arbeitnehmer voll.
Anders sieht es bei der Haftung gegenüber Dritten wie beispielsweise Kunden des Unternehmens aus. Für die dort eingetretenen, von ihm verschuldeten Schäden haftet der IT-Mitarbeiter persönlich und in voller Höhe.
Bei leichter Fahrlässigkeit, im Einzelfall sogar bei mittlerer und grober Fahrlässigkeit, hat der Mitarbeiter allerdings einen Freistellungsanspruch gegen seinen Arbeitgeber, soweit er nach den gerade genannten Kriterien nicht haften muss.
Versichern!
Noch einmal: Wenn der Mitarbeiter bei seiner Arbeit für das Unternehmen mittelmäßig fahrlässig handelt und dadurch beim Kunden einen Schaden für das Unternehmen verursacht, dann aber ins Feld führen kann, dass diese Tätigkeit ja problemlos hätte versichert werden können, dann hat er sehr gute Chancen, mit diesem Argument vor Gericht Gehör zu finden, soweit ein Rückgriff des Versicherers auf den Mitarbeiter vertraglich ausgeschlossen ist – das ist gängige Rechtsprechung.
Generall hat das Unternehmen im Streit um die Haftung gegenüber dem Arbeitnehmer immer das Problem der Beweislast.
Dazu kommt, dass die Chancen für Zahlungsfähigkeit im Vergleich bei der Versicherung deutlich besser aussehen – diese kann sich ja rückversichern. Dagegen kann gerade in der IT-Branche ein einfacher Angestellter ganz schnell Schäden anrichten, die seine finanziellen Ressourcen weit übersteigen. Ein Schadenersatzanspruch, den Sie mangels Zahlungsfähigkeit nicht durchsetzen können, nützt Ihnen wenig.
Fazit: Auch die Risiken, die sich aus möglichen Fehlern Ihrer Mitarbeiter ergeben, sollten unbedingt angemessen versichert sein.
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